Samstag, 31. Mai 2014

Liam Gilick „Wie würden sie sich verhalten? Eine Küchenkatze spricht“

Ebene 1 Frankfurter Küche
Liam Gilick war in Rahmen seiner Arbeit im Deutschen Pavillon fasziniert und inspiriert von der Frankfurter Küche, konstruiert von der Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzy aus dem Jahr 1926.
Vergleicht man die Bewegungsspuren in der Frankfurter Küche mit denen des Werks von Gilick im Deutschen Pavillon, dann erkennt man direkt eine große Unterschiedlichkeit. Die Frankfurter Küche ist auf die Funktionalität reduziert, sollte das Arbeiten effizienter und schneller gestalten. Durch die Positionierung der Küche bei Gilick mitten  im Raum- eine Einbauküche ohne Einbau- wird die Funktionalität völlig aufgehoben, abgesehen davon, dass es weder Geräte noch Kochzutaten gibt.
Die Frankfurter Küche wurde lediglich für eine Person konzipiert. Gilick handelt anders. Von der Größe und weite des Raumes könnte die Küche für mehrere Personen entwickelt worden sein, aber durch das permanente Kreuzen der Bewegungs- und Handlungslinien ist keine Arbeit mit mehreren Personen möglich. Die Küche wird von einem Funktionalen Objekt zu kochen, zur Skulptur mit völlig unterschiedlicher Funktionalität.



Ebene 2 Deutscher Pavillon
Gilick wollte aufgrund der nationalsozialistischen Vergangenheit des Deutschen Pavillons gegen dessen Geschichte, also gegen das Gebäude ankämpfen. Indem die Küche aufgrund ihrer Form und Materialität ein skulpturales Moment erhält, erzeugt er ein Skulpturenspiel, was zur Folge hat, dass er das Gebäude nutzlos macht ohne es zu verstecken. Die Wände werden durchdrungen, indem die Küche durch die Türrahmen verläuft und sich mitten im Raum befindet.
Des Weiteren wird aber schon beim Eintreten in den Pavillon der Eintritt in eine besondere neue Umgebung suggeriert, indem bunte Plastikvorhänge aufgehangen wurden. Diese sind uns aus unseren Alltag bekannt. So versucht der Künstler zunächst diesen historisch aufgeladenen Ort zu einem Alltagsort herabzustufen. Es entsteht eine Spannung sogar einen Gegensatz von der Erhabenheit der Architektur, des Gebäudes und zu der alltäglichen Architektur der Küche, auch mithilfe der Plastikvorhänge. Durch diese beiden hervorgehobenen Merkmale wird die Ortspezifität des Kunstwerks sehr deutlich.

Ebene 3 Titel
Der Titel ist als eine Frage formuliert, welche sich direkt an den Betrachter richtet, er fragt danach, wie man sich an einen solchen Ort verhalten würde.
Verstärkt wird des durch die sprechende Katze, welche auf einem Schrank sitzt und eine endlose Geschichte über Menschen  erzählt, wie diese auf eine sprechende Katze reagieren würden.  Dabei kämpft die Katze gegen das Echo des Gebäudes an. Man kann das Gesagte kaum verstehen, doch hier wird der oben genannte Kampf gegen die Geschichte des Gebäudes erneut sichtbar.
Der Betrachter wird permanent mit Widersprüchlichkeiten konfrontiert: Erhabenheit-Alltag, Leere-Katze, Weitläufigkeit-Enge. Die Frage „Wie würden Sie sich verhalten?“ rückt so ins Zentrum. Indem der Künstler durch die Katze spricht, ergibt sich sogar eine direkte Spannung zwischen Künstler und Betrachter/Kollektiv. Eine Harmonie in diesem Raum ist aufgrund der stetigen Fragen ohne Antworten/die stetige Überforderung nicht möglich. Man muss den Ort, die Umgebung und das Kunstwerk aushalten aber das Unvereinbare bleibt bestehen.


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