Sonntag, 27. April 2014

Making a difference, wie ein Zahn alles verändert

Making a difference, wie ein Zahn alles verändert: 

By Original version by Jeremy Kemp; SVG conversion by Jellocube27. [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

In meinen Überlegungen zu einer Essbiografie kann ich mich bisher weder zu einer aktuellen Liste von Lebensmitteln durchringen, noch kann ich mir vorstellen ein Lebensmittel in den Himmel zu loben oder es zu verteufeln. Mein Essverhalten gestaltet sich in der Vorlesungszeit als verblüffend eindimensional. - Müsli, Mensa, Brotzeit und dass jeden Tag aufs Neue.- Im künstlerischen Zusammenhang würde ich aber gerne über eine ästhetische Erfahrung berichten. Nach dem Eindimensionalen Wochenspeiseplan folgt nun eine weitere Ernüchterung, das Mundhöhlen Erlebnis mit den interessantesten Sinneseindrücken, seit beginn dieses Projektes ist … mein Zahnarztbesuch letzten Mittwoch! Die Instandhaltung meines Standard Werkzeugs zur Nahrungszerkleinerung stellte sich bereits viele Male und bereits in frühster Jugend als unzulänglich heraus. - Milchzahnkaries, Kieferorthopäden Odyssee bestehend aus fester und loser Zahnspange. Plus Brille sehe ich mich selbst als Vertreter der Fehlkonstruktion unter Gottes Geschöpfen.- Jedoch haben genau diese Mängel – Nein nicht die Brille - einen Erfahrungshorizont eröffnet, in Sachen Geschmackserlebnis dem Aufbruch in die Moderne gleichen dürfte.
So macht es doch einen beträchtlichen unterschied ob man beim Essen nun eine Zahnspange trägt oder auch auf Grund dauerhaft angebrachten Zusatzobjektes im Mund noch Stunden später Essen zwischen metallischen Drähten und Gummis wieder zum Vorschein kommt.Ein Erlebnis, über das ich nicht schreiben möchte, weil man einfach zum erwählten Kreis derer gehören sollte, die in diesen Genuss gekommen sind. Nach diesem Exkurs aber zurück ins Jetzt, beziehungsweise nicht ganz. Die Geschichte beginnt eigentlich am 03.04: Beim Kauen meines morgendlichen Müslis wurde mir an diesem Tag also schmerzlich bewusst, dass ich wohl seit ich in Paderborn wohne nur noch einmal beim Zahnarzt war. Eine Schlampigkeit meinerseits, die vermutlich die Leser dieses Berichts in Lager spalten wird. Ich tippe, in jene die nur resigniert den Kopfschütteln ( Zu Recht!) und diejenigen, die nun selbst nachrechnen, wann sie das letzte mal einen Medikus des Genres aufgesucht haben ( auch das kann ich mehr als nachvollziehen!). So oder so befand ich mich bald auf einem Behandlungsstuhl, dem gemütlichsten meiner Zahnarztgeschichte und bekam meine Diagnose. Akute Pulpitis, oder so ähnlich. Ja, eine Wurzelbehandlung muss her. Fix wurde also ein Termin gemacht, dieser bedeutete dann letzten Mittwoch 7:30 Ortszeit eine Reise in ein mehr gängiges und über ein stündiges Menü ungewollter Geschmäcker.
Konnte ich meine Behandlung dank ( weißer Zahngöttin SEI DANK) örtlicher Betäubung nicht spüren, konnte ich diese sehr wohl hören, vor allem jedoch riechen und schmecken. Auch die Auswirkungen dieser Behandlung haben mein Geschmacksempfinden verändert, dazu aber später. Ich beginne jetzt mal meine Gänge auf zu listen.

Mundspülung: Ein kleiner aufwärm Schluck, mit starkem Minze oder Mentholgeschmack. Wie bei einer Weinverkostung, in den Mund, von rechts nach links, zurück und ausspucken.
Oberflächenbetäubung: Mhhhm. Darauf folgt ein hauch von Banane. Ohne Umweg, direkt außen und innen an der Schleimhaut angebracht. Vielleicht sollte sich die Moderne Küche doch ein Beispiel an der direkten Art der medizinischen Behandlung nehmen.
Verbranntes Fleisch: Vermutlich mein Hauptgang. Der zu Anfang nicht unangenehme Assoziationen an Weihnachtsbäckerei und Omas (zugegeben oft verbrannten) Rouladen weckte. Dann aber leider zu einer den Rest der Behandlung anhaltenden Dunstwolke von verbranntem Fleisch verkam.
Metallgestell: Wenn ein zinken der Gabel verbogen ist, schmeckt das Essen komplett anders. Hat mal eine Freundin zu mir gesagt, so ein Erlebnis bietet vermutlich auch das Metallgestell, das ich folgend in meinem Mund platziert fand. Leider blieb es mir verwehrt mit diesem im Mund zu essen. Jedoch war das Gestell lange genug fest gemacht, dass ich es mit der Zunge betasten konnte, ganz glatt, mit einer Fuge schmeckte es sauer erdig, wie Blut, metallisch eben.
Handschuhe und Plastikschirm: Mein Liebling, nicht auf Grund des Geschmacks, sondern dank des Spaßfaktor auf der Zunge. Der Gespannte Schirm ließ sich wie eine Membrane mit der Zunge berühren, gab nach und fand in die alte Form zurück. Schmeckte dabei wenig essbar. Großes plus die akustische Komponente, nach jedem „Saugen bitte.“ trötete diese Silikon Einlage, wie ein winziger Elefant in meinem lächerlich weit geöffneten Rachen.
Blut und Spucke: Abgesehen von dem fehlenden Gefühl in meiner Lippe und dem angenehmen neble, der mich auf Grund meiner niedrigen Kopfhöhe am ende der Prozedur überkam hatte ich zu guter Letzt noch das Vergnügen mit einem Meer von einer Stunde Speicherfluss und etwas Blut. Geschmeckt habe ich davon jedoch nur noch wenig.

Nach meine Wieder Aufrichtung hatte ich noch ungefähr eine halbe Stunde das Gefühl schon einen Schnaps zu viel zu haben, immerhin waren es inzwischen ja schon fast neun Uhr. Zahnarzt Vollrausch, beste Voraussetzungen für einen grade erst beginnenden Uni-Tag. Jetzt 5 tage später ist klar, Müsli und sogar Mensa schmeckt anders, wenn man es wieder zweiseitig kaut. Die linke Zungenhälfte freut sich über wochenlang verloren geglaubte Geschmacksreize und haptische Inanspruchnahme. Wer Wurzelbehandlungen jedoch kennt, weiß die Story geht weiter mal schauen, wie Teil 2 schmeckt. Bei dem, was es wohl kosten wird, ist es besser ein Erlebnis der Extraklasse.

So far...

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